20.2.2023 – LG Wiesbaden: Haftungsverteilung bei Kollision im Bereich einer Tankstellenausfahrt

LG Wiesbaden vom 24.11.2022, Az. 9 S 19/22

Zwei Autofahrer befanden sich auf einem Tankstellengelände.

Der spätere Beklagte fuhr mit seinem Peugeot über das Tankstellengelände Richtung Ausfahrt, kam an der Ausfahrt relativ mittig zum Stehen und setzte den rechten Blinker. An der Ausfahrt war lediglich ein Rechtsabbiegen zulässig.

Der andere spätere Unfallbeteiligte näherte sich mit seinem Audi ebenfalls der Ausfahrt. Als der Peugeot Fahrer anfuhr, um das Tankstellengelände zu verlassen, kam es zur Kollision mit dem inzwischen rechts neben ihm stehenden anderen Pkw. Der Peugeot Fahrer war der Ansicht, den Unfall nicht verschuldet zu haben, da er zuerst an der Ausfahrt stand und durch Blinken seine Fahrtabsicht angezeigt habe. Dass sich der andere Wagen inzwischen rechts an ihm vorbeigeschoben habe, sei ihm nicht erkennbar gewesen.

Der Audi Fahrer war anderer Ansicht, der andere Beteiligte habe sehr weit in der Mitte gestanden, daher sei er davon ausgegangen, dass er sich rechts einreihen könne. Der andere Beteiligte hätte sich absichern müssen, indem er noch einmal zu Seite schaut.

Die Sache ging vor Gericht. Nachdem die Klage in erster Instanz abgewiesen wurde, entschied das LG Wiesbaden, dass dem Peugeot Fahrer eine Mithaftung von 25% aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zuzurechnen sei.

Zwar sei es richtig, dass an der Ausfahrt nur ein Rechtsabbiegen zulässig gewesen sei und der Beklagte bereits 7,0 Sekunden rechts blinkte, bevor es zur Kollision kam. Dennoch sei der Unfall nicht unabwendbar gewesen. Er habe einen sehr breiten Streifen rechts frei gelassen (ca. 3,8 m), so dass er zumindest theoretisch damit rechnen musste, dass ein anderer Autofahrer diese freie Bahn befährt. Daher hatte er unmittelbar vor dem Einbiegen in den Fließverkehr sicherstellen müssen, dass sich kein anderes Fahrzeug neben ihm befand. Gegen diese Pflicht habe er verstoßen, so dass ihn eine Mithaftung von 25% treffe.